Betonverbundbrücke IB Kleffel Rippershausen
Mit Fertigteilträgern in Betonverbundbauweise sind wir in der Lage, das Bauwerk in einem kürzeren Zeitfenster bei durchweg bester Qualität zu realisieren, was am Ende dann auch ein wichtiger Kostenfaktor ist
Stefan Kleffel
Im Auftrag von Hessen Mobil, Kassel, plant das Büro Kleffel, Ingenieurbüro für Baustatik, derzeit den Ersatzneubau einer Straßenbrücke auf der Bundesautobahn A7 zwischen Flensburg und Füssen. Das Ingenieurbüro aus dem thüringischen Rippershausen ist spezialisiert auf anspruchsvolle Aufgaben als Tragwerksplaner im Brückenbau – egal ob Stahl-oder Spannbeton-, Beton-, Stahlverbund oder Stahlbrücken. Das Angebot der Ingenieurleistungen umfasst ein breites Spektrum: Das Portfolio reicht von Machbarkeitsstudien über Vorplanung, Entwurfsplanung, Tragwerksplanung bis hin zu prüfstatischen Tätigkeiten von Herrn Dipl.-Ing. Kleffel, Ausschreibung und Bauoberleitung sowie Sicherheits- und Gesundheitskoordination.
Mit der Erstellung des Konzepts für den Ersatzneubau hatte Hessen Mobil als Baulastenträger das Ingenieurbüro HIG (Hensel Ingenieur GmbH) aus Kassel beauftragt. Dort wurden auch der Amtsentwurf und das anspruchsvolle Verkehrskonzept für den anstehenden Neubau der Brücke unter dem laufenden 6-spurigen Verkehr entwickelt. Die besondere Herausforderung, die Entwurfslösung im Rahmen der Ausführungsplanung baureif umzusetzen, nahm Dipl.-Ing. Stefan Kleffel gerne an. Mit der Ausführung des Neubaus sowie des gleichzeitigen Rückbaus des Bestandbauwerks wurde die Adolf Lupp GmbH & Co. KG aus Nidda betraut.
Mit der statischen Prüfung wurde vom Auftraggeber Herr Dipl.-Ing. Peter Strauß vom Ingenieurbüro HIG aus Kassel beauftragt.
Wie in Bild 1 dargestellt war der Ersatzneubau mit 5 Bauphasen als integrale, vorgespannte Betonverbundbrücke mit einer Trägerspannweite von 27,61 Metern und einer Bauwerksbreite von 40,50 Metern als Amtsentwurf bereits vorgegeben. Die dabei angedachten Bauphasen berücksichtigen den Abriss der bestehenden Rahmenbrücke und den gleichzeitigen Neubau (Bild 2). Nicht nur die Realisierung des Ersatzneubaus erfolgt bei laufendem Betrieb: Auch während der Rückbauphase soll der Verkehr auf der A7 nach der Vorgabe des Auftraggebers kontinuierlich weitgehend unbehindert fließen.
Das erstellte räumliche Brückenmodell erfasst die schiefwinklige Rahmenbrücke als Faltwerksystem auf einer Pfahlgründung (Bild 3), welches die verschiedenen Bauphasen mit insgesamt 13 statischen Bauzuständen und 145 Lastzuständen abbildet. Aufgrund der Baugrundverhältnisse ist die Pfahlgründung unter den beiden Widerlagern unsymmetrisch angeordnet. Den Überbau bilden 2 x 8 Fertigteilträger, welche mit Spannbettvorspannung von der ausführenden Baufirma Adolf Lupp hergestellt sind. Dabei wird die gesamte Brücke als 2 voneinander unabhängige Teilbauwerke in einem integralen Gesamtmodell mit Balken in Längsrichtung und einer orthotropen, lastverteilenden Fahrbahnplatte in Querrichtung erfasst. Die Fertigteilträger werden dabei über Stabstahlbewehrung in die Lagerwand elastisch eingespannt.
Der Einsatz von Fertigteilträgern bei dieser Aufgabe erweist sich nicht nur als ingenieurtechnisch sinnvoll, sondern ebenso als wirtschaftlich: So kann bei der Ausführung auf das Anbringen aufwändiger Trag- und Schutzgerüste verzichtet werden. Da die Vorfertigung des Überbaus und die baustellenseitige Herstellung des Unterbaus parallel realisiert werden können, lässt sich damit die Gesamtbauzeit deutlich verkürzen. Die Verwendung von Fertigteilträgern machen darüber hinaus eine wirkungsvolle werksseitige Qualitätssicherung möglich - eine solide Basis für eine hohe und gleichbleibende Ausführungsqualität. Nicht zuletzt sind nur in seltenen Fällen Sperrungen unterführter Verkehrswege erforderlich. „Mit Fertigteilträgern in Betonverbundbauweise sind wir in der Lage, das Bauwerk in einem kürzeren Zeitfenster bei durchweg bester Qualität zu realisieren, was am Ende dann auch ein wichtiger Kostenfaktor ist“, erklärt Dipl.-Ing. Stefan Kleffel.
Teilbauwerke der Brücke werden in einzelnen Bauphasen, die nur für einen bestimmten Zeitraum vorhanden sind, extremen Beanspruchungen ausgesetzt. Dies betrifft insbesondere die Bohrpfähle
Stefan Kleffel
Keine leichte Aufgabe für das Team um Dipl.-Ing. Stefan Kleffel: „Teilbauwerke der Brücke werden in einzelnen Bauphasen, die nur für einen bestimmten Zeitraum vorhanden sind, extremen Beanspruchungen ausgesetzt. Dies betrifft insbesondere die Bohrpfähle“, erklärt Bauingenieur Kleffel. Durch den Erddruck auf die in den Bauabschnitten teilweise freistehenden Widerlagerwände werden einzelne Bohrpfahlgruppen stark exzentrisch beansprucht. Aus diesen Gründen müssen die Beanspruchungen aus jeder Bauphase berücksichtigt werden. Die hohe Belastung in den Bauzuständen führt in diesem Fall zu besonders hohen Bewehrungsgraden, wenn in der Bemessung die Biegetragfähigkeit (GZT) und die abgeschlossene Rissbildung (GZG) berücksichtigt wird.
Und damit nicht genug: „Kriechen und Schwinden sind im Verbundfertigteilträger stets zu berücksichtigen, weil dadurch der Nachweis der Tragfähigkeit und auch der Gebrauchstauglichkeit beeinflusst wird. D.h., dass sämtliche System- und Laständerungen über die gesamte Bauzeit im FE-Modell genau abgebildet werden müssen“, erläutert Stefan Kleffel seine Vorgehensweise in der Berechnung. Durch eine geeignete Unterteilung der beiden weitgehend unabhängigen Teilbauwerke konnte der Modellierungsaufwand deutlich reduziert und die Bearbeitung der statischen Berechnung überschaubar und effizient gehalten werden. Bei dieser Brücke spielt insbesondere das Systemkriechen zwischen den Bauabschnitten eine wichtige Rolle. Durch Zeitunterschiede von bis zu 150 Tagen bauen sich große Zwängungen in der Ortbetonplatte auf, welche die Bemessung der Träger maßgeblich beeinflussen. Ohne die Berücksichtigung dieser zeitabhängigen Effekte kann eine integrale Bauweise dieses Brückentyps nicht realisiert werden“, meint Stefan Kleffel abschließend.
Für die anspruchsvollen Berechnungen und die relativ komplexe Bemessung der Pfahlgründung und der Fertigteilträger in Betonverbundbauweise setzten die Ingenieure aus Thüringen auf die Softwareprogramme PONTI und TRIMAS von RIB. Das Softwaresystem PONTIbetonverbund unterstützte bei dieser Aufgabe bei der Berechnung des Gesamtsystems und ermöglichte außerdem die Führung sämtlicher erforderlicher Detailnachweise. Im vorgestellten Beispiel wird der Ersatzneubau einer relativ einfachen Autobahnüberführung beschrieben. Dennoch zeigt sich in diesem Fall eindrücklich, welche besonderen ingenieurtechnischen Überlegungen notwendig sind, um den Neubau der Straßenbrücke unter laufendem Verkehr sicher, effizient und wirtschaftlich zu erstellen.
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